DIE TIEFSEE

Als Tiefsee nennt man die völlig lichtlosen (aphotischen) Bereiche
des Meeres, die unterhalb einer Tiefe von 800 Meter liegen.

Das Meer wird in zwei große Bereiche, das Pelagial und das Benthal, unterteilt, die wiederum in Schichten gegliedert sind. Der Begriff Pelagial kommt vom griechischen Wort pelagos, was »Meer« bedeutet und bezeichnet den Lebensraum des freien Wassers. Die fünf Zonen des Pelagial werden unten beschrieben.

Geschichte

Die Geschichte der Tiefseeforschung ist relativ jung, da es technisch sehr schwierig ist die extremen Bedingungen in der Tiefsee zu bezwingen.

1521 Aus Neugier lässt Ferdinand Magellan ein 700 Meter langes Seil mit einer schweren Eisen- kugel von seinem Schiff hinab ins Meer, um die Ozeane aus- zuloten. Da es den Boden nicht erreicht, schlussfolgert er, dass das Meer unendlich tief sei. 1818 Erstmals wird in der Tiefsee Leben nachgewiesen. Der englische Forscher Sir John Ross lässt mittels einer Art Greif- vorrichtung Wurm- und Quallen- arten aus 2.000 Metern Tiefe an Bord holen. 1843 Obwohl John Ross Lebewesen nachgewiesen hat, widerspricht Edward Forbes ihm, da er fest- stellt, dass die Anzahl der Lebewesen mit der Tiefe abnimmt. Deshalb könne es ab 550 Metern Tiefe kein Leben geben (Abyssus-Theorie oder azoische Hypothese). 1850 Michael Sars holt aus 800 Metern Tiefe Lebewesen herauf und wider- legt damit die Abyssus-Theorie. 1860 Im Mittelmeer wird ein nur drei Jahre zuvor gelegtes Telegrafiekabel wieder eingeholt. An Stellen, die circa 2.000 Meter tief lagen, haben sich bereits mehrere Tierarten angesiedelt. Dieses Ereignis gilt als endgültige Beweisführung. 1872 1876 Eine erste Expedition zur systematischen Erforschung der Tiefsee mit der Korvette HMS Challenger unter Leitung des Meeresbiologen Charles Wyville Thomson bringt viele neue Ergebnisse. 1890 1898 Während der österreichisch- ungarischen Pola-Expeditionen unter der wissenschaftlichen Leitung des Österreichers Franz Steindachners wird die Tiefsee im östlichen Mittelmeer, in der Adria und im Roten Meer erforscht. 1898 1899 Die deutsche Valdivia-Expedition unter Leitung des Zoologen Carl Chun liefert unter anderem reich- haltiges Tiermaterial aus Tiefen von mehr als 4.000 Meter vor der Küste der Antarktis. 1930 Erstmals erreichen Menschen die »Tiefsee«. William Beebe und Otis Barton tauchen mit einer Stahlkugel mit Bullauge, der Bathy- sphere, 435 Meter in die Tiefe und sind dort von Quallen und Garnelen umgeben. 1934 Die Bathysphere kommt erneut zum Einsatz. Diesmal werden 923 Meter Tiefe erreicht. 1948 Otis Barton erreicht erstmals eine Tiefe von 1.370 Meter und bricht den Rekord von 1934. 1960 Jacques Piccard und Don Walsh gelingt es, mit der Trieste bis zum Challengertief im Marianen- graben, einem der tiefsten Punkte des Meeres, zu tauchen. Selbst in 10.740 Meter Tiefe entdecken sie noch Fische und andere Lebewesen. 1977 Mit dem Forschungs-U-Boot »Alvin« entdeckt der Geologe Jack Corliss die Schwarzen Raucher. Damit ist die Theorie widerlegt, dass alles Leben auf der Erde von der Sonne abhängt. 2012 Am 26. März erreicht James Cameron mit seinem Boot Deepsea Challenger als dritter Mensch nach Piccard und Walsh und als erster komplett alleine den Grund des Challengertiefs.

Erforschung

Es ist auch heute noch wenig über die Tiefsee bekannt, da sehr viel äußerst kosten­intensives Equipment nötig ist, um Ergebnisse zu erzielen. So besitzen beispielsweise wenige Länder tiefsee­taugliche Unterseeboote oder Schiffe, um Proben aus der Tiefsee heraufzuholen. Ebenso braucht man spezielle Druck­behälter, damit Tiere, die heraufgeholt wurden, die Druck­änderungen überleben und man das Verhalten der Tiere untersuchen kann. Außerdem ist eine gewisse Anzahl an Proben notwendig, um eine Art überhaupt nachzuweisen. Trotzdem haben sich die Techniken natürlich über die Jahre verbessert, sodass nun unbemannte Roboter eingesetzt werden können, die mit Kameras und Greif­armen ausgestattet sind, sodass sie scharfe Bilder ebenso wie Proben liefern und Messungen durchführen können.

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Das Gegenstück
der Tiefsee ist die »Flachsee«, insbesondere die den Kontinenten vorgelagerten Schelfgebiete.

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Die Conshelf-Experimente wurden vom französischen Kapitän Jaques-Yves Cousteau zwischen 1962 und 1965 durchgeführt. Er errichtete drei Unterwasser-Habitate, also Unterwasser-Lebensräume, in den Tiefen der Ozeane, um zu zeigen, dass ein Überleben der Menschheit im Meer möglich wäre.

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Tag der Ozeane: Am 8. Juni ist Welttag der Ozeane, der 2008 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde. Wissenschaftler und Umweltschützer betonen dann die Bedeutung der Weltmeere für die Nahrungsversorgung und das globale Überleben. Sie warnen vor Klimawandel, Umweltverschmutzung und Überfischung.

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Alle 10 Meter erhöht sich der Druck um ein Kilogramm pro Quadratzentimeter. In einer Tiefe von 10000 Meter herrscht ein Druck von 1000 Bar, somit lastet eine Tonne Druck pro Quadratzentimeter auf der menschlichen Haut. Aus diesem Grund kann der Mensch nicht ohne spezielle Ausrüstung in der Tiefsee tauchen. Schon in drei Meter Tiefe, bei einem Druck von 0,3 Bar, kann einem Menschen das Trommelfell platzen.

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Die meisten Tiere in der Dunkelheit der Tiefsee besitzen die Fähigkeit, Licht selbst herzustellen. Dieses Licht kann auf zwei Arten entstehen: Entweder es reagieren körpereigene Enzyme miteinander und produzieren so durch chemische Reaktion Licht oder die Tiere leben symbiotisch mit biolumineszierenden Bakterien, die diese Auf­gabe für sie übernehmen. Viele der Tiere, die Enzyme zum Licht erzeugen verwenden, können ihr Licht willentlich ein- und ausschalten. Biolumineszenz wird für verschiedene Zwecke eingesetzt: Durch Blinksignale verständigen sich Artgenossen untereinander, ein Partner wird zur Paarung aufmerksam gemacht, Feinde können verwirrt oder Beute angelockt werden.

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Im Pazifischen Ozean liegt die tiefste Stelle der Weltmeere. Das »Witjastief 1« im Marianengraben östlich der Philippinen ist (nach einer Messung von 1957) 11034 Meter tief. Nimmt man den höchsten Berg der Erde, den Mount Everest, verschwindet dieser komplett unter Wasser. Sein Gipfel bleibt mehr als zwei Kilometer unter der Wasseroberfläche.

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fig. 1   mola mola

»Mondfisch«
bis 500 m


Der Mondfisch ist ein Riese und der schwerste Knochenfisch der Welt: Drei Meter wird er lang und wiegt zwei Tonnen. Dadurch, dass die Schwanzflosse eigentlich fehlt, der Körper groß ist, aber Augen und Mund recht klein sind, nennt man ihn auf deutsch auch »Schwimmender Kopf«.

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fig. 2   vampyroteuthis infernalis

»Vampirtintenfisch«
600–1000 m


Sein Name: Vampyroteuthis infernalis, also Vampirtintenfisch aus der Hölle. Wenn er seine Haut zwischen den Armen aufspannt, ähnelt es dem Umhang eines Vampirs. Allerdings ernährt sich der Vampirtintenfisch nicht von Blut sondern von Aas. Er ist nur knapp 13–20 Zentimeter groß, hat aber im Vergleich zur Körpergröße die größten Augen (zwei Zentimeter) im Tierreich. Zusätzlich kann der Tiefsee-Vampir mit unzähligen Leuchtorganen potenzielle Feinde vollkommen verwirren.

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fig. 3   psychrolutes marcidus

»Blobfisch«
600–1200 m


Durch eine Anpassung an den Lebensraum der Tiefsee, also den enormen Druck, besteht der Körper dieses Fisches hauptsächlich aus einer gallertartigen Masse, das heißt ihm fehlt das Muskelgewebe. Dieses fehlende Stützgewebe sorgt allerdings unter dem geringeren Druck an Land dafür, dass der Blobfisch regelrecht zerfließt. Dieses markante Aussehen sorgte 2013 für den Titel »hässlichstes Tier der Welt«.

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fig. 4   chauliodus

»Viperfisch«
400–1800 m


Vipernfische sind bizarre, leuchtende Raubtiere der Tiefsee. Durch die Möglichkeit den Unterkiefer auszuhängen, um ihre Beute zu verspeisen – wie es auch Schlangen können – wurde er Vipernfisch genannt.

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fig. 5   melanocetus

»Schwarzangler«
1000–1400 m


Von den Tiefseeanglerfischen (davon gibt es mehrere Arten) besitzen nur die Weibchen das berühmte an einer Angel hängende Leuchtorgan, das Beute anlockt. Sie ist um einiges größer als er und das hat einen Grund: Die kleinen Männchen verbeißen sich in das Weibchen. Dabei wachsen Haut und Blutkreislauf der beiden zusammen, sodass die Männchen fortan als Sexualparasiten fest mit den Weibchen verbunden leben.

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fig. 6   eurypharynx pelecanoides

»Pelikanaal«
500–7500 m


Diese schwarz gefärbten Tiere bestehen praktisch aus einem riesigen Pelikan-artigem Maul und einem langen Schwanz. Am Schwanzende sitzt, statt einer Flosse, ein Leuchtorgan.

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fig. 7   periphylla periphylla

»Kronenqualle«
bis 7000 m


Die Qualle leuchtet mittels Biolumineszenz von innen und verständigt sich so mit Artgenossen. Außerdem besitzen sie kleine Sinneskolben, mit denen die Qualle zwischen Hell und Dunkel unterscheiden kann. Auch der Vermehrungszyklus ist ungewöhnlich. Die Meduse besitzt kein Polypenstadium und weist einen »holo-pelagischen« Lebenszyklus auf: Die befruchteten Eier werden ins Wasser abgegeben, aus denen sich sofort eine Meduse entwickelt.

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fig. 8   pseudoliparis amblystomopsis

Familie »Scheibenbauch«
7000–8000 m


Dieser Fisch ist der Beleg dafür, dass Fische auch in 8000 Metern Tiefe existieren können. 2014 wurde ein Exemplar 8143 Meter tief im Marianengraben beobachtet.

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fig. 9   riftia pachyptila

»Riesenröhrenwurm«
2000–10000 m


Die Würmer treten in großen Massen rund um die Schwarzen Raucher auf. Sie leben in Röhren, die im Meeresböden fest verankert sind und die sie nie verlassen. Der Wurm selbst kann keine Nahrung aufnehmen, da er weder Mund noch Darm besitzt, daher lebt er in Symbiose mit Bakterien und ist von diesen vollkommen abhängig.

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fig. 9   Hydrothermale Quelle

»Schwarzer Raucher«
2000–10000 m


Wenn Wasser durch tiefe Spalten in den Boden fließt, durch heißes Gestein erwärmt wird und schließlich angereichert mit Mineralien aus Schloten empor schießt, spricht man von Schwarzen Rauchern.

200 m


Mesopelagial  
bis 1000 m

Die Welt unterhalb von 200 Metern Tiefe ist die Zone des Dämmer­lichts. Sie reicht bis circa 1000 Meter, wird als Meso­pelagial und als Beginn der Tief­see bezeichnet. Das Phyto­plankton kann hier nicht mehr überleben, da nicht genug Licht in die Zone dringt. Die Temperaturen befinden sich unter 5°C.

1000 m


Bathypelagial  
bis 4000 m

Die lichtlose Tiefsee, auch Mitternachtszone oder Bathy­pelagial genannt, befindet sich in 1000–4000 Metern Tiefe. Die meisten Bewohner dieser Zone sind schwarz und daher in der Finsternis kaum erkennbar. Einige sind auch rot, denn diese Farbe wird im Dunkeln absorbiert und wirkt daher ebenfalls schwarz. Einige besitzen auch schwarze Mägen, damit die gefressene, leuchtende Beute nicht durchscheint. damit die gefressene, leuchtende Beute nicht durchscheint.

Fischarten in der Tiefsee besitzen keine Schwimmblase. Dieses Organ dient Fischen in höheren Wasser­schichten dazu, in der Schwebe zu bleiben. Sie würde dem Wasser­druck in der Tiefe nicht standhalten.

4000 m


Abyssopelagial  
bis 6000 m

Das Abyssopelagial oder Abgrund ist die Tiefenzone in 4000–6000 Metern Tiefe, in der Temperaturen nahe am Gefrierpunkt liegen. Die Kälte lässt den Salzgehalt und die Dichte des Wassers steigen.

6000 m


Hadopelagial  
bis 11000 m

Das Hadopelagial ist die tiefste Zone im Meer und geht bis 11000 Meter tief. Hier herrschen Temperaturen von -1–4°C. Diese letzten drei Zonen besitzen ähnliche hydrologische und biologische Eigenschaften und werden deshalb meist nicht abgegrenzt, sondern zum Begriff der Tiefsee zusammengefasst.

Benthal  

Als Benthal ist der Bereich des Meeresbodens gemeint und auch dieser ist in horizontale Zonen unterteilt. Am Grund des Meeres findet man sowohl flache Stellen als auch unterseeische Gebirge und Vulkane. Der schlammige Grund wird von Millionen von Lebewesen besiedelt, die sich von winzigen organischen Partikeln ernähren.

11034 m

11° 19′ N, 142° 15′ O